Bekehrt habe ich mich folgendermaßen:

Ich hatte mir schon einen festen Termin gesetzt, den Inter City zu nehmen (um diesmal auf Nr. sicher zu gehen), als ein Nachbar und seine Frau mich aufgefordert haben, mit zum Hauskreis zu gehen. Dort könnte man gut Zigaretten schnorren (war gerade mal pleite).

Die Frau des Hauskreisleiters wäre sehr großzügig im Kippen austeilen. Na ja, die Sucht ....

Also bin eben mal mitgegangen und habe mir diese Spinner angesehen ...

Was im Hauskreis lief, war schon irgendwie anziehend, und ich hatte eine Riesen-Sehnsucht nach Gott, obwohl ich ihn nicht kannte. Aber ich wusste, daß ich, so schmutzig wie ich war, keine Chance bei Gott hatte. Diese Erkenntnis hat mich noch weiter runtergezogen.

Diese Sehnsucht nach Gott oder was auch immer hatte ich schon lang.

 

Kurz vor Ende des Hauskreises wollte ich gehen und der Leiter fragte: Wo willst du hin?

Ich nehme den nächsten Zug!

 

Ich ging etwa 10 Minuten, da kam der Leiter angestürmt und stellte sich mir in den Weg.

 

Das kannst du doch nicht machen!

 

Warum nicht?

 

Du kommst in die Hölle, wenn du das tust und faselte irgendwas von Sünde ...

 

 

Ach, du bist also Berufskomiker! Was glaubst du, wo ich herkomme?

 

Der Typ hat auf mich eingepredigt wie ein Buch und mich genötigt bei ihm im Haus und nicht in meiner Wohnung zu übernachten. Um die ganze Sache nochmal zu überschlafen ...

 

Leiter: gib Gott eine Chance ....

 

Wozu?

Dein komischer Gott würde mir nicht helfen, selbst wenn er es könnte. Und überhaupt du und dein komischer Gott, ihr könnt mich mal ...

 

Leiter:

Versuch es doch wenigstens mal. Gib Gott eine Chance, dir zu helfen zu seiner Ehre (so ungefähr).

 

Das Ganze hat sich über Wochen hingezogen, und ich wäre nie darauf eingegangen, wenn da nicht eine andere Person in diesem Hauskreis gewesen wäre. Diese Person hatte ein ähnlich schweres „Leben" wie ich. Diese Person habe ich ohne Fragen zu stellen über Monate beobachtet, so gut es eben ging. Da Gott dieser Person anscheinend tatsächlich geholfen hat und diese Person nicht geschauspielert hat, habe ich mich entschlossen, es mal zu versuchen. Jetzt nicht meinen, ich wäre zu Gott gekommen. Er kam zu mir und hat mich gerufen, das wusste ich von Anfang an. Nur Vertrauen hatte ich keins, besonders nicht zu Gott.

 

Das es Gott gibt, wusste ich immer schon, nur was der mit mir zu schaffen hat, war mir ein Rätsel.

Und was dieser verrückte Jesus mit Gott zu tun haben soll, wusste ich auch nicht. Anfänglich habe ich rein gar nichts verstanden.

 

Leiter:

Jesus ist für dich gestorben ....

 

Was geht's mich an, ich habe ihn nicht darum gebeten! Was kann ich dafür, daß dieser [zensiert] sich für euch [zensiert] ans Kreuz nageln lässt? Und noch ein paar deftige Fäkalsätze, die ich hier nicht zitieren werde.

 

Letztendlich hat Gott irgendwie einen Hoffnungsfunken angefacht, und ich sagte „ja" zu seinem Angebot so nach dem Motto: Wenn es schief geht, ist immer noch der Express da.

Auf ein paar Monate hin oder her um den Nirvanaexpress zu nehmen, kam es mir nicht an.

 

Dieser Hoffnungsfunke glimmt immer noch irgendwo vor sich hin und ist der Grund, weshalb ich noch „lebe".

Hoffnung ist etwas, das ich vor der Bekehrung nicht hatte. Der Funke ist gerade groß genug mich am „Leben„ zu halten. Mehr nicht. Und könnte immer noch erlöschen.

 

Die ganze Prozedur vom ersten Hauskreis bis zur Bekehrung hat knapp ein Jahr gedauert, obwohl ich in mir von Anfang an ganz tief drin wusste, dass Gott mich haben will.

 

Bis auf ein paar Leute aus diesem Hauskreis und einige wenige andere finde ich Christen nicht attraktiv.

Es ist äußerst schwierig für Christen und mich miteinander auszukommen. Bei schwierigen Menschen geht den Christen schnell die Luft (Nächstenliebe) aus. Und ihre Geduld ist allgemein doch sehr begrenzt.

 

Am schlimmsten sind die Christen, die nicht wissen, was mit einem los ist.

 

Wenn ein Christ etwas nicht versteht, ist es okkult, bösartig oder vom Satan, aber auf keinen Fall tolerabel.

Christen sind sehr fordernd, sie erwarten ein Verhalten, das ich nicht bieten kann. Und fangen dann an, einen maßregeln zu wollen. Und sind dann erstaunt, wenn der Wolf zum Vorschein kommt und sie zerfleischt.

Dann ist das Geheule über den ach so aggressiven Wolf groß.

 

Dann geht es los: bist du sicher, daß Du Christ bist?

Bist du sicher das Du Nächstenliebe hast? Gegenfrage: habt ihr sie denn?

 

Durch dieses Verhalten wirkt die christliche Behauptung, dass Gott einen BEDINGUNGSLOS annimmt/liebt ziemlich unglaubwürdig.

 

Letztendlich weiß ich nicht, wie Gott es trotz der Christen geschafft hat, mich im Glauben zu halten.

Gott ist die Person, zu der ich am meisten Vertrauen habe, soweit ich dazu in der Lage bin.

Wirklich hundertprozentiges vertrauen habe ich zu niemandem.

 

Irgendwie ist seit der Bekehrung alles besser geworden. Gut ist es aber nicht.

Der extreme Hang zum Suizid hat (stark?) nachgelassen, ist aber immer noch vorhanden.

Ich habe immer wieder Schübe, bei denen es schwer fällt, nicht einfach einen Zentimeter tiefer zu cutten ...

Trotzdem bin ich schon 15 Jahre älter als mir Psychiater, Psychologen prophezeit haben.

Und das schreibe ich dem Glauben oder besser Gott zu. Ohne ihn wäre ich lange tot.

 

Und ein christlicher Dipl.-Psych. hat mir prophezeit, daß ich mich suizidieren oder in der Psychiatrie verrotten werde. Natürlich hat Dipl.-Psych.  das etwas freundlicher formuliert.

 

Die anderen „Experten„ haben ähnlich gedacht, es aber nicht (so direkt) ausgesprochen.

Das zeigt mir, daß die Experten mich aufgegeben haben.

Der Herr ist „schuld“, daß weder das eine noch das andere eingetroffen ist.

 

Und ich habe auch ein paar Dinge mit Gott erlebt, die natürlicherweise nicht erklärbar sind.

Auch das hat mich von Ihm überzeugt. Da es sehr persönlich ist, wird nicht verraten, warum es dabei geht.

Die Leute würden sowieso sagen, du bist total irre, da muss man ja solche „Erlebnisse„ haben.

 

Was Christen sonst noch an mir erzürnt hat, außer, daß ich sie in Böcke und Schafe sortiert habe, weiß ich nicht wirklich. Bin eben anders, und die Christen verstehen mich nicht und wollen es oft auch nicht verstehen.

 

Es ist schwer, über die Vergangenheit zu schreiben, weil ich im Grunde nur „heute", nur den gerade aktuellen Augenblick kenne. Gestern ist irgendwie irreal und kommt mir vor wie ein Film, der mit mir nichts zu tun hat.

 

Die Forderung: „Lasst nun der Buße würdige Früchte folgen“ ist am schwersten gewesen, ich musste meinen ganzen Lebensstil ändern. Bekehrung ist ein Prozess, und ein Übergabegebet ohne entsprechende Früchte ist keine Bekehrung. Bekehrung ist sehr teuer, sie kostet das (alte) Leben. Im Gegensatz zu anderen bin ich noch nicht fertig und werde weiter zu kämpfen haben ... wahrscheinlich ist es für „normale“ Menschen einfacher, weil sie auch positive Eigenschaften haben und nicht, wie ich, nur negative.

 

Das meine Einstellung Christen gegenüber sch**** ist, weiß ich, aber ich fühle mich bei denen so willkommen wie dass Alien auf der Nostromo.

 

(Es gibt tatsächlich Christen, die authentisch sind und sich privat nicht anders verhalten als in der gemeinde oder im Hauskreis ...)

 

Warum schreibe ich das überhaupt? Weil ich damit zeigen will, dass Gott auch vor schwierigen Fällen im Gegensatz zu seinem Bodenpersonal nicht zurückschreckt und Menschen wie uns nicht als hoffnungslose Fälle verdammt, so wie es (einige, eigentlich die meisten) Christen gerne tun.

 

Das war jetzt natürlich nur ein ultrakurz-Telegramm, aber im Moment habe ich andere Sorgen, als in der Vergangenheit herumzustochern.

 

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